Smart oder klassisch? Die Armbanduhr-Frage aus Sportlersicht

Wer aktiv Sport treibt, der hat allen Grund, dabei am Handgelenk einen Zeitmesser zu tragen. Ausnahmen sind nur solche Disziplinen, in denen die Uhr hinderlich oder gar gefährlich wäre. Allerdings haben Sportler hier mittlerweile die große Qual der Wahl aus fünf distinktiven Uhrentypen, beziehungsweise -bauweisen. Was die reinen Verkaufszahlen anbelangt, hat davon die Smartwatch längst alle Trümpfe in der Hand. Aber reicht das auch, um sie zur idealen Wahl für Sportler zu machen?

Armbanduhr ist nicht gleich Armbanduhr

Werfen wir zunächst einen Blick auf die erwähnten fünf Typen von Armbanduhren:

  1. Analog, mechanisch: Solche Uhren haben Zeiger und werden über ein mechanisches Uhrwerk und Federspannung angetrieben – entweder per Handaufzug oder automatisch durch einen Schwunganker, der Armbewegungen überträgt. Tendenziell finden sich hier die teuersten Modelle. Allerdings: Selbst bei den präzisesten, als Chronometer zertifizierten, Stücken darf (und wird) es pro Tag eine Abweichung um mehrere Sekunden geben.
  2. Analog, Quarz: Hierbei bekommen die Uhrenzeiger durch einen batteriebetriebenen Quarzkristall einen genauen Takt vorgegeben. Hier gibt es ebenfalls eine Abweichung, sie beträgt jedoch bei durchschnittlichen Stücken nur zirka 15 Sekunden pro Monat.
  3. Digital, Quarz: Statt eines Zeigers wird die Uhrzeit hier auf einem LC-Display in Stunden, Minuten und Sekunden angegeben. Praktisch immer wird zudem das Datum und häufig der Wochentag angegeben. Meistens weisen diese Uhren noch diverse Zusatzfunktionen zwischen Alarmen, Stoppuhren und Ähnlichem auf und können oft mehrere Zeitzonen anzeigen.
  4. Quarz, Funkgesteuert: Hierzu gehören analoge und digitale Quarzuhren, die täglich über einen Zeitsender mit einer präzisen Ortszeit versorgt werden. Gangungenauigkeiten werden dadurch ebenso ausgeglichen wie Wechsel der Zeitzone oder von Winter- zu Sommerzeit.
  5. Smartwatch: Das Smartphone im Handgelenkformat. Je nach Modell entweder nur mit via Bluetooth verbundenem Smartphone vollständig nutzbar oder ein vollkommen eigenständiges Mobilfunkgerät.

Weiterhin gibt es bei Quarz- und Funkuhren noch Mischformen mit Zeigern und digitalen Displays.

Mechanische Uhren sollten Sportler dabei streichen. Die Ungenauigkeit kann dort, wo bei längeren sportlichen Intervallen genaues Messen nötig ist, hinderlich sein. Zudem sind diese Zeitmesser notgedrungen recht schwer. Wir sprechen hier von Werten, die problemlos deutlich über 200 Gramm liegen können. Zum Vergleich: Ein Big Mac wiegt zirka 220 Gramm, ein großer Apfel 250.

Ebenso sind andere (rein) analoge Uhren bestenfalls „schwierig“. Präzise Zeiten lassen sich nur schwerlich auf einen Blick ablesen. Noch komplexer (falls überhaupt möglich) ist das Messen unterschiedlicher Zeiten – zumal für solche Funktionen zwingend ein sogenannter Chronograph nötig ist; eine normale Armbanduhr mit Stunden- Minuten- und Sekundenzeiger reicht nicht aus.

Wirklich sporttauglich sind deshalb nur

  • Analoge Uhren mit zusätzlichem Digital-Display (und nur aufgrund dieses Displays,
  • reine Digitaluhren und
  • Smartwatches.

Die Stärken und Schwächen digitaler Armbanduhren (und analog-digitaler Hybride)

Die moderne Digitaluhr existiert bereits seit den 1970er Jahren. Als solche ist sie definitiv in jeglicher Form „ausentwickelt“. Dadurch gibt es hier nicht nur eine enorme Vielfalt von Modellen und Funktionen. Ebenso sind die Preise, selbst für sehr fähige Stücke, überaus human.

Eine qualitativ einwandfreie Marken-Digitaluhr gibt es bereits für rund 15 Euro. Sieht man von Sondereditionen ab, dann endet der Preisrahmen im Bereich von 500 Euro. Schon deutlich darunter gibt es Uhren, die mit unterschiedlichsten sporttauglichen Funktionen aufwarten; mitunter sogar dem Aufzeichnen von Höhenprofilen und Wegmarken. Ebenfalls schon ab zirka 100 Euro fangen funkgesteuerte Digitaluhren an – teils verbunden mit integrierten Solarzellen oder ähnlichen Techniken. Doch genügt das?

Vorteile:

  • Häufig Vollkunststoff-Konstruktionen, dadurch Gewichte bis höchstens 50, 60 Gramm.
  • Im Batteriebetrieb Lebensdauern von mehreren Jahren; bei Solar- und anderer Unterstützung mehr als 10 Jahre. Batteriewechsel sind zudem durch jeden Uhrmacher zu bewerkstelligen.
  • Stand-Alone-Systeme, die allein funktionieren und niemals Updates benötigen.
  • Geringe Preise zwischen zirka 15 und 500 Euro.
  • Immer mindestens spritzwassergeschützt. In der Regel durch größere Wasserdichtigkeit schwimm- und tauchgeeignet.
  • Klare Ablesbarkeit der Zahlen, zudem ist das Display immer an.
  • Wichtige Sportfunktionen wie Rundenzeiten schon bei Modellen der unteren Kategorien vorhanden.
  • Teilweise für eine extreme Robustheit konzipiert, die sogar mehrere Meter tiefe Stürze verzeiht – und sämtliche anderen sportlichen Stöße und Belastungen.

Vorteile:

  • Funktionen sind grundsätzlich fest und können nicht erweitert werden.
  • Je nach Modell höchst unterschiedliche Funktionen und Funktionsweisen.
  • Viele sportliche Funktionen (etwa Pulsmessung) nur bei einigen Modellen oder gar nicht erhältlich.
  • Meistens keine Möglichkeit zur Datenübertragung an andere Geräte.
  • Kaum Modelle mit Handy-Anbindung. Dadurch beispielsweise keine Benachrichtigungen.
  • Nicht mit Touchdisplay erhältlich. Bedienung erfolgt über mitunter schwierig (Stichwort Handschuhe, nasse Finger…) zu betätigende Knöpfe.
  • Display im Grundzustand unbeleuchtet und deshalb bei schlechten Bedingungen nicht ablesbar. Beleuchtungen sind zwar fast immer integriert, müssen aber manuell betätigt werden, meist über Knopfdruck oder Handgelenkdrehung.

Die Stärken und Schwächen von Smartwatches

Ein Großteil aller verkauften Uhren sind mittlerweile Smartwatches. Um das in Zahlen auszudrücken:

  • Swatch (nur die eine Marke der Swatch Group), als weltgrößter Hersteller von analogen Uhren, der im Smartwatch-Bereich kaum eine Rolle spielt, verkaufte 2022 etwa 3,2 Millionen Uhren weltweit. Für die gesamte Swatch Group mit allen Marken waren es 9,67 Millionen Stücke.
  • Casio, wichtiger Player u.a. bei Digital- und Analog-Digital-Hybriduhren, verkaufte 2021 (ein Corona-bedingt schlechtes Jahr) nur von seiner bekannten, besonders robusten G-Shock-Baureihe 8,2 Millionen Stück – der Hersteller hat aber auch noch andere Uhren im Repertoire.
  • Apple hingegen, als seit Jahren weltgrößter Uhrenhersteller, setzte 2021 46,1 Millionen und 2022 sogar 53,9 Millionen Armbanduhren ab – ausschließlich Smartwatches.

Zumal Apple nur ein wichtiger Smartwatch-Hersteller von vielen ist. Sollte ein Sportler nun annehmen, die Masse könne nicht falsch liegen, wodurch eine Smartwatch generell die bessere Wahl sei?

Nun, feststeht, dass eine solche Uhr in der Tat ein ähnliches „Multitool“ ist wie ein Smartphone. Die meisten Geräte verfügen über zahlreiche Sensoren. Das ermöglicht das Nutzen ganz unterschiedlicher Apps. Dies geht weit über den sportlichen Rahmen hinaus. Wo bei Digitaluhren im Alltag meist nur Alarm und Kalendarium neben der reinen Uhrzeitanzeige genutzt werden, ist die Smartwatch ein Lebenshelfer in sämtlichen Situationen.

Die Spanne reicht vom reinen Kommunizieren bis zum mobilen Bezahlen. Selbst ein wichtiger Gaming-Trend von 2022 hat sich bislang nur noch verstärkt: Die Smartwatch als spielerischer Zeitvertreib zwischen klassischen Games und Glücksspiel. Doch wie sieht es mit den weiteren Faktoren aus?

Vorteile:

  • Extremer und erweiterbarer Funktionsumfang. Dadurch sehr viele sportliche Optionen zwischen Navigation und Körperdatenmessung – und weit darüber hinaus.
  • Aufgrund von smarten Betriebssystemen ein gleichermaßen hoher Mindest-Funktionsumfang ungeachtet des Preises.
  • Hohe Konnektivität, dadurch u.a. Datenübertragung zur besseren Langzeiterfassung sportlicher Leistungen.
  • Einfache Bedienung durch Touchdisplays.
  • Niedrige Preise, wobei die Untergrenze höher liegt als bei Digitaluhren.
  • Kann durch verschiedenste Skins („Watchfaces“) unterschiedlichste Uhren-Arten darstellen. Dadurch und durch das beleuchtete Display sehr gute Ablesbarkeit.
  • Geringe Gewichte bis höchstens in den Bereich 50, 60 Gramm.
  • Mittlerweile bei einigen Modellen gute Robustheit und wenigstens Spritzwasserfestigkeit.
  • Spätestens durch die Kopplung mit einem Handy und damit Funknetzwerk ständig aktualisierte Uhrzeit, dadurch keinerlei Ungenauigkeiten.

Nachteile:

  • Deutlich limitierte Batterielaufzeit, die bei starker Nutzung in der Regel keinen ganzen Tag beträgt.
  • Nur einige Modelle sind annähernd so robust wie eine Digitaluhr.
  • Nicht alle Stücke können ohne Handy sinnvoll genutzt werden. Einige sind ohne Smartphone sogar weitgehend nutzlos.
  • Es werden viele intime Daten erhoben, wobei deren Sicherheit nicht immer gewährleistet oder transparent ist.
  • Trotz Watch-optimierter Apps oftmals „fummelige“ Bedienbarkeit und Ablesbarkeit aufgrund des notgedrungen kleinen Displays.
  • Aufgrund der Tendenz zu übersteigertem Self-Tracking in der Kritik. Kann zudem das eigene Körpergefühl verschlechtern, weil die erhobenen Daten als aussagekräftiger empfunden werden.
  • Nur wenige Modelle für Schwimmen oder gar Tauchen geeignet.
  • Wenn Display dauerhaft eingeschaltet, dann sehr hoher Stromverbrauch. Ansonsten ist es immer nötig, mit einer Hand einen Bedienungsvorgang zu starten.
  • Benachrichtigungen anderer Funktionen können ablenken.

And the Winner is…?

Wer die Vor- und Nachteile beider Uhrenarten aufmerksam durchgelesen hat, der versteht wahrscheinlich, warum wir an dieser Stelle keinen eindeutigen Gewinner oder Verlierer definieren können. Dafür kommt es viel zu stark auf persönliche Fragen an:

  • Um welche sportliche Disziplin geht es überhaupt?
  • Was muss die Uhr auf jeden Fall können; was wäre nice to have?
  • Wie wichtig sind die Faktoren Robustheit, Wasserdichtigkeit, Bedienbarkeit, Ablesbarkeit und Gewicht?
  • Kann die Uhr nur für den Sport getragen werden oder muss sie für alles gleichermaßen gerüstet sein?

Dort, wo es wirklich um umfassende Messung und Optimierung geht, um Puls, Blutdruck, Streckenführung etc., führt wahrscheinlich kein Weg an einer (robusten) Smartwatch oder wenigstens einem ähnlich „schlauen“ Fitnesstracker vorbei.

Vor allem dann, wenn es aber um kompromisslose Robustheit geht und nur Basismessungen vorgenommen werden müssen, dann kann eine Digitaluhr die bessere Wahl sein.

Nur eines sollten Sportler keinesfalls tun: Sich ohne reifliche Überlegungen und Marktrecherche für einen Typ oder gar ein Modell entscheiden. Weder ist die Smartwatch die Lösung aller sportlichen Herausforderungen, noch ist die knallhart robuste Digitaluhr der Weisheit letzter Schluss.